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STIKO: Hinterfragbare Informationen zum Impfabstand bei COVID-19-Impfung

STIKO: Hinterfragbare Informationen zum Impfabstand bei COVID-19-Impfung
(Sonntag, 10. Januar 2021)

Die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO) veröffentlicht hinterfragbare Informationen zum Impfabstand bei COVID-19-Impfung. Der geprüfte Abstand zwischen erster und zweiter Impfung beträgt laut FDA in 98 % der Impfungen 3 Wochen. Also nur in 2 % betrug der Abstand 3 bis 6 Wochen. Die STIKO behauptet, in den Zulassungsstudien sei ein Abstand bis zu 6 Wochen geprüft worden. Das ist zweifelhaft.

Thomas Mertens, Vorsitzender der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO), hatte eine Verschiebung der zweiten Impfdosis als "durchaus überlegenswert" bezeichnet (www.tagesschau.de/inland/impfstoff-ema-101.html, abgerufen am 02.01.2020). Die Umsetzung dieser Vorschläge außerhalb der Arzneimittelzulassung hätte Millionen von Deutschen zu Versuchskaninchen gemacht. Sämtliche arzneimittelrechtlichen Grundsätze wären mit Füßen getreten worden.

Nicht zuletzt aufgrund der Intervention des Verfassers beim Gesundheitausschuss des Bundestages musste die STIKO zurückrudern.

Seit 8. Januar 2021 empfiehlt die STIKO nunmehr einen Impfabstand von 21-42 Tagen:

"Die Gabe der 2. Impfstoffdosis soll innerhalb des durch die Zulassungsstudien abgedeckten Zeitraumes (derzeit 42 Tage) erfolgen."

Das soll der durch die Zulassungsstudien abgedeckte Zeitraum sein.

Beschluss der STIKO zur 1. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung und die dazugehörige wissenschaftliche Begründung, Epidemiologisches Bulletin 2/2021 vom 14.1.2021 (online vorab), S. 2.

Die Begründung der STIKO bleibt in dieser Frage leider wissenschaftlich oberflächlich. 

Die Erwägungen der STIKO zur Vergrößerung des Impfabstands außerhalb der Zulassung sind offenbar durch keinerlei Studien gestützt.

Dem Verfasser erschließt sich nicht, wie die STIKO die Wirksamkeit des Impfstoffs nach der ersten Dosis berechnet haben will. Vielleicht hätte die STIKO besser auf die Daten des Herstellers abstellen sollen, die besagen, dass nach erster Dosis (zwischen 1. und 2. Dosis) eine Wirksamkeit von 52 % ermittelt wurde.

Polack et al., Safety and Efficacy of the BNT162b2 mRNA Covid-19 Vaccine, NEJM 2020, 2603, 2609.

52 % Wirksamkeit klingt erst einmal viel. In der Praxis ist dies aber viel zu wenig. Professor Drosten hat vorgerechnet, dass schon ein Wirksamkeitsunterschied von 5 Prozentpunkten (90 % statt 95 % Wirksamkeit des Impfstoffs) eine Verdopplung der Infizierten bedeuten kann.

https://www.ndr.de/nachrichten/info/66-Coronavirus-Update-Die-Stunde-der-Antigen-Tests,podcastcoronavirus266.html

Auch gibt die STIKO zu, dass ihre Berechnung nicht auf besonders tragfähigen Fakten basiert:

"Die Berechnung beruht jedoch auf einer sehr kurzen Beobachtungszeit, in der nur wenige COVID-19-Erkrankungsfälle aufgetreten sind."

Man darf dabei nicht vergessen, dass sich die Wirksamkeit des Impfstoffs laut Fachinfomation zu Comirnaty aus 18.198 Fällen einer Impfung mit COVID-19-mRNA-Impfstoff und 18.325 Fällen einer Impfung mit Placebo ergibt. In der Placebo–Gruppe erkranken 162 Testpersonen an COVID-19, in der Impfstoff–Gruppe 8. Wenngleich sich daraus eine sehr gute Wirksamkeit des Impfstoffs ableiten lässt, sind das doch insgesamt sehr geringe Infektionszahlen, gemessen an der Gesamtzahl der Prüfungsteilnehmer. 

Laut Fachinfomation zu Comirnaty umfassten die Wirksamkeitsanalysen Teilnehmer, die ihre zweite Impfung innerhalb von 19 bis 42 Tagen nach ihrer ersten Impfung erhielten.

Davon geht auch die EMA in ihrem Statement zum Impfabstand aus.

Nur ist damit nicht gesagt, wie vielen Teilnehmern jeweils die 2. Impfung nach welchem Abstand gegeben wurde.

Laut U.S. Food and Drug Administration (FDA) beträgt der geprüfte Abstand zwischen erster und zweiter Impfung in den Phase-III-Studien in 98 % der Impfungen 3 Wochen. 

www.fda.gov/news-events/press-announcements/fda-statement-following-authorized-dosing-schedules-covid-19-vaccines

Nur in 2 % betrug der Impfabstand also mehr als 3 Wochen (bzw. ggf. auch 19-20 Tage). Der von 3 Wochen abweichende Impfabstand ist also nicht wirklich vertieft geprüft.

Die FDA verlautbart dazu:

"We know that some of these discussions about changing the dosing schedule or dose are based on a belief that changing the dose or dosing schedule can help get more vaccine to the public faster. However, making such changes that are not supported by adequate scientific evidence may ultimately be counterproductive to public health."

Einen Impfabstand von mehr als 3, bis zu 6 Wochen, zu propagieren, ist also wissenschaftlich nicht studienbasiert und mit Blick auf die Gesundheit des Einzelnen und die unwägbaren Folgen für die Volksgesundheit unverantwortlich. 

Insgesamt bietet die Impfung die große – und kurzfristig wahrscheinlich auch einzige – Chance, die Corona–Pandemie erfolgreich bekämpfen zu können.

Aus medizinischer Sicht haben die derzeit in der EU zugelassenen Impfstoffe gegen COVID-19 ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis. Es sollten sich daher möglichst viele Menschen zulassungskonform  gegen COVID-19 impfen lassen, zum eigenen Schutz und zur Stärkung der Volksgesundheit.