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Spargesetz: Entwurf GKV-Finanzstabilisierungsgesetz vom 30.06.2022

Spargesetz: Entwurf GKV-Finanzstabilisierungsgesetz vom 30.06.2022
(Mittwoch, 20. Juli 2022)

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat mit Datum 30.06.2022 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur finanziellen Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzstabilisierungsgesetz – GKV-FinStG) veröffentlicht.

Mit Blick auf die Pharmaindustrie enthält der Entwurf Folgendes:

  • Bei Orphan Drugs gilt der medizinische Zusatznutzen durch die Zulassung als belegt. Allerdings entfällt diese Rechtswohltat, wenn der Umsatz des Arzneimittels in der GKV zu Apothekenverkaufspreisen sowie außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung einschließlich Umsatzsteuer in den letzten zwölf Kalendermonaten einen Betrag von 50 Millionen EUR übersteigt. Dann muss der pharmazeutische Unternehmer innerhalb von drei Monaten nach Aufforderung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) Nachweise zum Zusatznutzen übermitteln und darin den Zusatznutzen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie nachweisen. Dieses Limit soll deutlich auf 20 Millionen EUR abgesenkt werden, § 35a Abs. 1 Satz 12 SGB V-E. Orphan Drugs seien ein wesentlicher Kostentreiber der Arzneimittelausgaben in der GKV. Auswertungen hätten gezeigt, dass diese Arzneimittel den Großteil aller Kosten in diesem Marktsegment verursachten. Dabei wird verkannt, dass Orphan Drugs gerade im Bereich der Krebstherapien oft entscheidende Innovationen darstellen. 
  • Das seit 2010 bestehende Preismoratorium für Arzneimittel soll bis Ende 2026 verlängert werden, was zu 1,8 Milliarden EUR Einsparungen pro Jahr führen soll. Immerhin gibt es seit Mitte 2018 einen Inflationsausgleich.
  • In den Erstattungsbetragsvereinbarungen nach § 130b Abs. 1 SGB V müssen künftig auch mengenbezogene Aspekte, wie eine mengenbezogene Staffelung oder ein jährliches Gesamtvolumen, vereinbart werden. Das soll eine Vorkehrung für den Fall einer Ausweitung des Marktpotentials eines Arzneimittels mit neuem Wirkstoff sein. Außerdem soll künftig in Erstattungsbetragsvereinbarungen der Verwurf im Verhältnis zur jeweiligen Patientengruppe preismindernd berücksichtigt werden, wenn für ein Arzneimittel bei Inverkehrbringen keine wirtschaftlichen Packungsgrößen für die in der Zulassung genannten Patientengruppen zur Verfügung stehen, die eine therapiegerechte Dosierung ermöglichen, und daher bei den jeweiligen Patientengruppen ein Verwurf von über 20 % zu erwarten ist. § 130b Abs. 3 SGB V soll neugefasst werden und die Verhandlungsposition des GKV-Spitzenverbandes stärken sowie die Finanzlage der GKV stabilisieren. Der vereinbarte Erstattungsbetrag soll künftig nicht ab dem 13. Monat, sondern ab dem 7. Monat nach dem erstmaligen Inverkehrbringen eines Arzneimittels mit dem neuen Wirkstoff gelten. Wegen der Neuregelungen erhält jede Vertragspartei bis zum dritten auf die Verkündung folgenden Kalendermonat ein einmaliges Sonderkündigungsrecht.
  • Bei Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen in freien Kombinationen erhalten die Krankenkassen künftig einen Zwangsrabatt von 20 %. Dazu müssen Krankenkassen oder ihre Verbände mit pharmazeutischen Unternehmern Vereinbarungen zur Abwicklung des Kombinationsabschlages treffen.
  • Pharmazeutische Unternehmer, die im vorangegangenen Kalenderjahr Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen oder Orphan Drugs, in Deutschland in Verkehr hatten, müssen 2023 und 2024 gemeinsam eine Solidaritätsabgabe in Höhe von jährlich 1 Milliarde EUR an den Gesundheitsfonds leisten. Den Anteil jedes pharmazeutischen Unternehmers an der Solidaritätsabgabe setzt der GKV-Spitzenverband fest. Bei einer unbilligen Härte kann der pharmazeutische Unternehmer im Ausnahmefall eine Abweichung von der Solidaritätsabgabe beim GKV-Spitzenverband beantragen.
  • Der Zwangsrabatt der Apotheken wird ab Inkrafttreten des Gesetzes für mehr als zwei Jahre von 1,77 EUR auf 2 EUR erhöht. Eine Gesetzesbegründung gibt es nicht. In der amtlichen Begründung wird die Regelung schlicht wiederholt.