Sog. 16. AMG-Novelle in Kraft getreten
Am 25.10.2012 wurde das Zweite Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 19.10.2012 (sog. „16. AMG-Novelle") im Bundesgesetzblatt verkündet (BGBl I S. 2192).
Eine konsolidierte Fassung mit Versionsvergleich hat das PEI veröffentlicht.
Ein Schwerpunkt der Novelle ist die Pharmakovigilanz (Umsetzung europäischer Vorgaben - Richtlinie 2010/84/EU). Weitere Änderungen betreffen u. a. Maßnahmen gegen Arzneimittelfälschungen (Umsetzung der Richtlinie 2011/62/EU), die klinische Prüfung von Arzneimitteln, die Neunmonatsfrist für Zulassungsverlängerungen sowie u. a. Änderungen der AMWHV, der AMGrHdlBetrV, der GCP-V, des HWG, des MPG, des ApoG, des BtMG und des SGB V. Pharmazeutische Unternehmer können bei bis zum 31.12.2012 vorgenommenen Nutzenbewertungen (Stichtag Veröffentlichung G-BA-Beschluss) vorzeitig eine erneute Nutzenbewertung beantragen, wenn der Zusatznutzen deshalb als nicht belegt gilt, weil die erforderlichen Nachweise nicht vollständig vorgelegt wurden. Arzneimittelrabattverträge, die nicht nach Maßgabe der Vorschriften des Vierten Teils des GWB abgeschlossen wurden, werden mit Ablauf des 30.04.2012 unwirksam.
Die meisten Änderungen traten am 26.10.2012 in Kraft.
Der Entwurf des nominell „16. Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes" wurde vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vorgelegt und betrifft Tierarzneimittel.
Der Bundesrat fasste in seiner Sitzung am 21.09.2012 zwei Entschließungen zur AMG-Novelle:
Zum einen bittet der Bundesrat die Bundesregierung, 24 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes über die Erfahrungen mit der Preisbildung und Erstattung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen zu berichten. Hintergrund dieser Entschließung ist, dass in der Novelle die Forderung nach Geheimhaltung der Erstattungsbeträge nach AMNOG nicht berücksichtigt wurde. Der Bundesrat befürchtet, dass die Offenlegung von Rabatten auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers in Deutschland
„zu einer Preiserosion in anderen Ländern, die im Rahmen ihrer Preisbildung auf den offiziellen deutschen Arzneimittelpreis referenzieren, führen könnte. Ein niedriger veröffentlichter Erstattungsbetrag könnte somit finanzielle Belastungen der Pharmaindustrie im Ausland zur Folge haben und damit auch die Preisverhandlungen in Deutschland belasten. Pharmaunternehmen könnten sich zudem gezwungen sehen, auf eine Ausbietung im deutschen Markt zu verzichten, um negative wirtschaftliche Auswirkungen auf das Auslandsgeschäft zu vermeiden, so dass Patientinnen und Patienten unter Umständen bestimmte Therapieoptionen nicht zur Verfügung stehen werden. Ein erstes Beispiel für ein derartiges Verhalten ist bereits in der Indikation Epilepsie bekannt geworden."
Zum anderen wird mit einer weiteren Entschließung die Bundesregierung aufgefordert, unmittelbar nach Verkündung der Novelle an die Europäische Kommission heranzutreten und sich dringlich dafür einzusetzen, dass die in Art. 2 Abs. 2 Buchst. a) der Richtlinie 2011/62/EU genannte Übergangsfrist zur Wirkstoffeinfuhr aus Nicht-EU-Staaten zunächst um mindestens ein Jahr, das heißt auf den 02.07.2014 verlängert wird.
Der Bundesrat befürchtet, dass die Umsetzung der Richtlinie 2011/62/EU ab dem 02.07.2013 dazu führt, dass pharmazeutische Wirkstoffe aus Ländern außerhalb der EU nicht mehr eingeführt werden könnten, weil die nach der Neufassung des § 72a AMG erforderlichen Bestätigungen der zuständigen Behörden der Drittländer nicht bei der Einfuhr vorgelegt werden könnten.
In der Begründung zur Entschließung heißt es, dass die Umsetzung der Richtlinie 2011/62/EU bedeute, dass ab dem 02.07.2013 pharmazeutische Wirkstoffe nur noch dann eingeführt werden dürfen, wenn eine von den Behörden des Ursprungslands ausgestellte Bestätigung vorliege, wonach die im wirkstoffherstellenden Betrieb angewendeten GMP-Standards denen der EU zumindest gleichwertig seien, der Betrieb regelmäßigen Kontrollen und Maßnahmen, einschließlich wiederholter und unangekündigter Inspektionen, unterliege und festgestellte Verstöße vom Drittstaat unverzüglich an die EU weitergeleitet würden.
Es sei jedoch - schon angesichts der Vielzahl von wirkstoffherstellenden Unternehmen und der Vielzahl von Herstellungsländern außerhalb der EU - deutlich abzusehen, dass von einem überwiegenden Teil der Länder außerhalb der EU die Bestätigungen mit dem vorgesehenen Inhalt nicht rechtzeitig ausgestellt würden. Es werde daher eine Einfuhr von pharmazeutischen Wirkstoffen in die EU in bisherigem Umfang nicht mehr möglich sein. Eine Versorgung der in der EU ansässigen Arzneimittelindustrie mit pharmazeutischen Wirkstoffen könne nicht mehr ausreichend gewährleistet werden, denn etwa 80% der benötigten Wirkstoffe stammten aus Drittländern, nur etwa 20% würden in der EU selbst produziert. Dies decke den Bedarf der Arzneimittelhersteller nicht, gefährde die Marktversorgung mit Arzneimitteln und laufe damit dem Interesse der Patienten zuwider.