OVG NRW: Zweifelsfallregelung führt zur Einstufung als Arzneimittel
OVG NRW: Fällt ein Produkt sowohl unter die Arzneimittel- als auch unter die Medizinproduktedefinition, ist es nach der Zweifelsfallregelung Arzneimittel
Bei der Einstufung eines Produkts, das sowohl unter die Arzneimittel- als auch unter die Medizinproduktedefinition fällt, hat das OVG NRW die Zweifelsfallregelung (§ 2 Abs. 3a AMG) zu Gunsten der Arzneimitteldefinition angewendet (Beschl. v. 15.03.2010 - 13 A 2612/09, Juris).
Das OVG wies den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des VG Köln (v. 14.10.2009 - 24 K 4394/08, Juris) zurück. Bei den streitgegenständlichen Produkten handelte es sich um Lutschtabletten und Gurgellösung aus einem Extrakt der Pflanzenart Cistus Incanus (Graubehaarte Zistrose).
Das BfArM habe nach § 21 Abs. 4 AMG auf Antrag einer Landesbehörde über die Zulassungspflicht von Arzneimitteln zu entscheiden. Diese Entscheidung beinhalte auch die Feststellung über die Arzneimitteleigenschaft. Die in § 13 Abs. 3 MPG festgelegte Entscheidungsbefugnis des BfArM über die Klassifizierung von Medizinprodukten und die Abgrenzung zu anderen Produkten ändere an der Befugnis nach AMG nichts.
Im Konfliktfall zwischen Arzneimittel- und Medizinproduktedefinition seien Funktionsarzneimittel bereits gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 7 Var. 2 AMG vom Medizinproduktebegriff ausgenommen. Für Präsentationsarzneimittel gelte dann die Zweifelsfallregelung nach § 2 Abs. 3a AMG. Nur auf Produkte, die aufgrund ihrer Wirkungsweise eindeutig dem Medizinprodukterecht zuzuordnen seien, finde die Zweifelsfallregelung grundsätzlich keine Anwendung. Vielmehr sei dafür eine positive Feststellung der Arzneimitteleigenschaft erforderlich. Diese Auffassung teilt auch der EuGH (Urt. v. 15.01.2009, C-140/07, PharmR 2009, 122). Allerdings sei die Zweifelsfallregelung anwendbar, wenn die vom Hersteller angenommene Hauptwirkung aus wissenschaftlicher Sicht ist hinreichend gesichert ist, vorrangiger Arzneimittelwirkungen aber auch nicht ausgeschlossen, so dass ein solches Produkt nicht als Funktionsarzneimittel eingestuft werden könne.
§ 2 Abs. 3a AMG lautet:
„Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können."