Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes: Arzneimittelpreisbindung in Deutschland gilt auch für ausländische Versandapotheken
Der Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes hat entschieden, dass die Arzneimittelpreisbindung in Deutschland auch für ausländische Versandapotheken gilt, die verschreibungspflichtige Arzneimittel im Inland an Endverbraucher abgeben (Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschl. v. 22.08.2012 - GmS-OGB 1/10).
Die Frage, ob die Arzneimittelpreisbindung gemäß § 78 Arzneimittelgesetz (AMG) auch für ausländische Versandapotheken gilt, die verschreibungspflichtige Arzneimittel nach Deutschland verkaufen, haben das Bundessozialgericht (BSG) und der Bundesgerichtshof (BGH) unterschiedlich beantwortet.
Der BGH neigte dazu, diese Frage zu bejahen, sah sich aber durch eine entgegenstehende Entscheidung des BSG (Urt. v. 28.07.2008 - B 1 KR 4/08 R, PharmR 2008, 595) daran gehindert. Die Rechtsfrage wurde daher dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes zur Entscheidung vorgelegt (Beschl. v. 09.09.2010 - I ZR 72/08, PharmR 2010, 634).
Der Gemeinsame Senat hat nun entschieden, dass die AMG-Vorschriften eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage darstellten, ausländische Versandapotheken, die verschreibungspflichtige Arzneimittel im Inland an Endverbraucher abgeben, deutschem Arzneimittelpreisrecht zu unterwerfen. Dies ergebe sich insbesondere aus § 78 Abs. 1 und 2 AMG. Diesem Ergebnis stehe weder primäres noch sekundäres Unionsrecht entgegen. Die deutsche Regelung verstoße nicht gegen die Warenverkehrsfreiheit. Es handele sich nicht um eine Maßnahme gleicher Wirkung im Sinne von Art. 34 AEUV (BGH, Pressemitteilung Nr. 135/2012).
Im Ausgangsfall hatte eine niederländische Versandapotheke deutschen Kunden ein Bonussystem angeboten, mit dem beim Kauf verschreibungspflichtiger Arzneimittel ein Bonus von 3% (mind. 2,50 EUR, max. aber 15,00 EUR) gutgeschrieben werden sollte.
Der Verband der europäischen Versandapotheken (European Association of Mail Service Pharmacies, EAMSP) sieht in der Preisbindung hingegen einen Verstoß gegen europäisches Recht und will die Europäische Kommission einschalten (Pressemitteilung der EAMSP vom 22.08.2012).