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EMA bestätigt positives Nutzen–Risiko–Verhältnis COVID-19-Impfstoff AstraZeneca

EMA bestätigt positives Nutzen–Risiko–Verhältnis COVID-19-Impfstoff AstraZeneca
(Donnerstag, 18. März 2021)

Die EMA hat das positive Nutzen–Risiko–Verhältnis des COVID-19-Impfstoffs AstraZeneca am 18.3.2021 bestätigt. Der Impfstopp in Deutschland war voreilig.

Manche Medien vermitteln den Eindruck, die EMA habe den Impfstoff zwischenzeitlich gestoppt. Das ist eine falsche Information, sei es fahrlässig oder vorsätzlich. Die EMA hat den Impfstoff seit der Zulassung immer für sicher gehalten, auch am 15.3.2021!

Die Einzelheiten finden sich hinter folgendem Link (in englischer Sprache):

www.ema.europa.eu/en/news/covid-19-vaccine-astrazeneca-benefits-still-outweigh-risks-despite-possible-link-rare-blood-clots

Die fachliche Bewertung wurde von einem Ausschuss der EMA, dem PRAC (Pharmacovigilance Risk Assessment Committee - Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz) vorgenommen. 

Der PRAC bestätigt, dass

  • der Nutzen des Impfstoffes bei der Bekämpfung von COVID-19 weiterhin die Risiken von Nebenwirkungen überwiegt,
  • der Impfstoff nicht mit einem Anstieg thromboembolischer Ereignisse im Allgemeinen verbunden ist,
  • es keinen Beleg für Probleme mit speziellen Chargen oder Herstellungsstätten gibt,
  • der Impfstoff jedoch in sehr seltenen Fällen im Zusammenhang mit seltenen Thrombosen, einschließlich Sinusvenenthrombosen (Cerebral venous sinus thrombosis - CVST) stehen kann.

Bei 20 Millionen Impfungen wurden jedoch nur 7 Fälle von DIC (Disseminated intravascular coagulation, disseminierte intravasale Gerinnung) und 18 Fälle von CVST gesehen. Eine Kausalität ist nicht bewiesen, aber möglich.

Vorsorglich werden Fachinformation und Packungsbeilage um die mögliche Nebenwirkung ergänzt. Patienten werden auch über diese mögliche Nebenwirkung aufgeklärt. 

Das bedeutet aber auch, dass das Auftreten dieser Nebenwirkung mit Blick auf den großen Nutzen als vertretbar angesehen wird. Infolgedessen haftet der pharmazeutische Unternehmer nach deutschem Arzneimittelrecht nicht für Schäden bei Anwendung des Impfstoffes wegen dieser Nebenwirkung. 

Unter Umständen haben geschädigte Patienten aber einen Anspruch auf Versorgung bei Impfschaden gemäß § 60 infektionsschutzgesetz. Das ist im Einzelfall zu prüfen. 

Der Impfstopp in Deutschland war voreilig. Angst ist ein schlechter Ratgeber. Auch der Blick auf Wählerstimmen bei schlechter werdenden Wahlergebnissen und Umfragewerten ist ein schlechter Ratgeber. 

Die Erklärungsversuche des Bundesgesundheitsministers am 18.3.2021 wirkten hölzern und hilflos. Die Rechtfertigungsversuche erweckten den Eindruck, es werde immer noch nicht zwischen Risiko und Nutzen–Risiko–Verhältnis differenziert. 

Entgegen den Äußerungen des Bundesgesundheitsministers hat die EMA gerade nicht die Empfehlung des PEI und das deutsche Vorgehen (Impfstopp) bestätigt. 

Die EMA hat auch am 15.3. und am 16.3.2021 ausdrücklich erklärt, dass sie den Impfstoff weiterhin für sicher halte. Auch die WHO hat zu diesem Zeitpunkt empfohlen, die Impfungen nicht auszusetzen. 

Auch das Argument der notwendigen Patientenaufklärung verfängt nicht. Die deutsche Regierung hätte ja statt des Impfstopps eine Erweiterung der Aufklärung verfügen können. 

Im Übrigen stimmt es nicht, dass die Aufklärung bei medizinischen Maßnahmen und bei staatlichen Impfkampagnen unterschiedlich sein muss. Das würde ja bedeuten, die Aufklärung außerhalb staatlicher Impfkampagnen wäre eine Aufklärung 2. Klasse. 

In der Krise müssen Politiker führen und nicht ängstlich agieren. Die Impfkampagne hat formell vier Tage verloren. Mit den organisatorischen Auswirkungen wurde aber insgesamt circa eine Woche verloren. Neben den vermeidbaren COVID-19-Opfern entsteht bei einer Woche Impfverzögerung ein immenser volkswirtschaftlicher Schaden.