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121. Deutscher Ärztetag lockert Fernbehandlungsverbot

121. Deutscher Ärztetag lockert Fernbehandlungsverbot
(Freitag, 18. Mai 2018)

Der 121. Deutsche Ärztetag hat die Bestimmungen der Musterberufsordnung für Ärzte zur Fernbehandlung gelockert. Bislang regelte die Musterberufsordnung unter den Behandlungsgrundsätzen und Verhaltensregeln in § 7 Abs. 4, dass Ärzte eine individuelle ärztliche Behandlung, insbesondere auch Beratung, nicht ausschließlich über Print- und Kommunikationsmedien durchführen dürfen. Auch bei telemedizinischen Verfahren musste gewährleistet werden, dass ein Arzt den Patienten unmittelbar behandelt.

Der Ärztetag 2018 hat nunmehr § 7 Abs. 4 der Musterberufsordnung mit Beschluss wie folgt gefasst:

„Ärztinnen und Ärzte beraten und behandeln Patientinnen und Patienten im persönlichen Kontakt.

Sie können dabei Kommunikationsmedien unterstützend einsetzen.

Eine ausschließliche Beratung oder Behandlung über Kommunikationsmedien ist im Einzelfall erlaubt, wenn dies ärztlich vertretbar ist und die erforderliche ärztliche Sorgfalt insbesondere durch die Art und Weise der Befunderhebung, Beratung, Behandlung sowie Dokumentation gewahrt wird und die Patientin oder der Patient auch über die Besonderheiten der ausschließlichen Beratung und Behandlung über Kommunikationsmedien aufgeklärt wird.“

Die Musterberufsordnung gilt nicht unmittelbar für die Ärzte. Vielmehr müssen die jeweiligen Landesärztekammern eine Berufsordnung erlassen, die für ihre Ärzte dann verbindlich ist.

Auch nach Lockerung des Fernbehandlungsverbotes soll der persönliche Kontakt zwischen Arzt und Patient mit Anwesenheit des Arztes den Goldstandard der ärztlichen Behandlung darstellen. Kommunikationsmedien können diese Behandlung unterstützen. Zu diesen Kommunikationsmedien gehören beispielsweise Telefonanrufe, E-Mails, Videotelefonie, Mobilfunknachrichten, Briefe, Rundfunk und Telemedien. Die ausschließliche Beratung oder Behandlung über Kommunikationsmedien ist künftig im Einzelfall erlaubt. Das soll Patienten insbesondere moderne telemedizinische, digitale und diagnostische Möglichkeiten eröffnen. Telemedizinische Primärarztmodelle sollen allerdings vermieden werden. Im Rahmen der notwendigen Einzelfallprüfung hat der behandelnde Arzt zu prüfen, ob die erforderliche ärztliche Sorgfalt, insbesondere durch die Art und Weise der Befunderhebung, die Beratung, die Behandlung sowie die Dokumentation, gewahrt wird. Auch bei einer Beratung oder Behandlung ausschließlich über Kommunikationsmedien ist der anerkannte Stand der medizinischen Kenntnisse einzuhalten. Neben den bestehenden Aufklärungspflichten muss der Arzt dem Patienten auch über Besonderheiten einer Beratung oder Behandlung ausschließlich über Kommunikationsmedien aufklären, wenn solche Besonderheiten bestehen.

Es ist davon auszugehen, dass die Landesärztekammern in nächster Zeit ihre eigenen Berufsordnungen insoweit anpassen und ebenfalls das Verbot der Fernbehandlung lockern. Es bleibt allerdings darauf hinzuweisen, dass gesetzliche Verbote weiterhin bestehen. So darf beispielsweise gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 AMG eine Arzneimittelabgabe nicht erfolgen, wenn vor der ärztlichen oder zahnärztlichen Verschreibung offenkundig kein direkter Kontakt zwischen dem Arzt oder Zahnarzt und der Person, für die das Arzneimittel verschrieben wird, stattgefunden hat. Hiervon darf nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden, insbesondere, wenn die Person dem Arzt oder Zahnarzt aus einem vorangegangenen direkten Kontakt hinreichend bekannt ist und es sich lediglich um die Wiederholung oder die Fortsetzung der Behandlung handelt.